15. März 2021
Der Anspruch der bunten butze ist es ja, nicht nur ein Wohn- und Gewerbehaus zu sanieren, sondern dies mittelfristig CO2- und damit klimaneutral zu umzusetzen. Von Beginn an also stand die Frage im Raum, welche Maßnahmen wir umsetzen (und auch uns leisten können!), um unser Ziel zu erreichen.
Eine ganz schön große Herausforderung! Musste doch der butzeKern immer wieder in Rücksprache mit Architekten, möglichen Bauleitungen und Beratenden für Fördermittel treten, um ein machbares Gesamtkonzept zu erarbeiten. Jedes Gespräch brachte neue Kenntnisse und machte Entscheidungen schwerer. Vor allem dann, wenn die verschiedenen Beteiligten verschiedene Meinungen hatten. Ganz besonders oft hörte der butzeKern von Beratenden: “Macht das nicht, das ist viel zu teuer.”
Aber in den Gesellschafter*innenversammlungen bestärkten wir uns gegenseitig: nicht die günstigste Sanierung ist für uns die wünschenswerteste, sondern diejenige, die das nachhaltigste Gesamtkonzept birgt – und trotzdem förderwürdig bleibt. Denn auf unterstützende Kredite und ergänzende Finanzierungen ist die bunte butze angewiesen.
Besonders glücklich sind wir mit der Grauwasseranlage als Teil eines nachhaltigen Wasser- und Wärmekonzepts. Dessen Wirkweise hat uns unser Brain Falk in einer Gesellschafter*innenversammlung mit einer schnellen Zeichnung erklärt, die wir euch nicht vorenthalten wollen:
Die bunte butze wird mit 8 Bohrungen à 100m Tiefe die Erdwärme anzapfen und mit Leitungen ins Hausinnere befördern.
Hier ist jetzt noch (rechte Seite) die Rede von 10 Bohrungen – das hat sich aber zwischenzeitlich auf 8 Bohrungen geändert. Statt 10 x 80m gehen wir nun auf 8 x 100m. Im Keller dann wird die Wärme mittels Wärmepumpe (WP) in die Wohnungen verteilt – und zwar an flächige Heizungen und in die Bäder. Dort nimmt jeweils eine weitere Wärmepumpe das 35° warme Wasser aus dem Keller auf und erzeugt 65° warmes Wasser für Dusche und Waschbecken. Warmwasser direkt an der Stelle des Verbrauchs zu erzeugen, verringert die Leitungsverluste und lässt sich wunderbar mit unserer Photovoltaikanlage kombinieren. Denn unser warmes Wasser wird erzeugt, wenn die Sonne scheint.
Jetzt kommen wir auch in der Skizze zur Grauwasseranlage. Weil die eben nicht grau, sondern mit ihrem Konzept hervorragend in die bunte butze passt, ist sie auch hier besonders bunt gestaltet. Der kleine Kreis in bunten Glitzereinhornfarben im Keller markiert den ersten Zulauf im Wasserzyklus: von dort wird das Wasser in die Wohnungen gepumpt zu Duschen, Badewannen und Waschbecken (in der schematischen Wohnung oben links im Bild). Deren Abwasser fließt im Keller in die Speicher der Grauwasseranlage [(G) und (W)]. Dort wird es biologisch vorgereinigt und dann mit einer Membranfilteranlage von allem befreit, was noch übrig ist. Grauwasser ist also sauberes Wasser, das nur nicht der Trinkwassernorm entspricht. Das gar nicht so graue Grauwasser wird dann wieder in die Wohnungen gepumpt, um dort für die Waschmaschine, für die Toilettenspülung, zum Blumengießen oder zum Fußbodenwischen genutzt. Erst dann geht das Abwasser (also unser Grauwasser) als echtes Abwasser in den allgemeinen Wasserkreislauf der kommunalen Anbieter zurück.
Der Sinn des Ganzen? Das ganze System spart wertvolles Trinkwasser und senkt die Nebenkosten erheblich. Die Investitionskosten für den Bau der Anlage und die Verrohrung im Haus sind nach weniger als 10 Jahren wieder aufgefangen. Ein Kubikmeter aufbereitetes Wasser braucht ca. 0,5 Kilowattstunden Strom, der bei uns aber bestenfalls von der Photovoltaikanlage auf dem Dach kommt.
Unser Traum ist, die Werte der Anlage und die gesparte Menge Trinkwasser sichtbar zu machen – vielleicht auf einer digitalen Anzeige im Unverpacktladen. Wir hoffen so auch andere Menschen zu animieren, in eine solche Technik zu investieren. Und langfristig eine Aufmerksamkeit dafür zu schaffen, dass die Investition vielleicht zunächst teuer ist, aber der Gesamtnutzen für die Bewohner*innen und die Hausbetreibenden das alles wieder aufwiegt.
31. Oktober 2020
Dass die Annastraße vorerst noch weiter dunkel bleibt und keine temporären Mieter*innen einlädt, knabbert an uns und dem, was wir schaffen wollen. Aber derzeit führt noch kein Weg hinein in die Grundsubstanz – fehlende Heizung, fehlende adäquat nutzbare Badezimmer und Küchen, Abfall und veraltete Infrastruktur sind die namhaften Hindernisse.
Hin und wieder konnten wir schon die Räumlichkeiten nutzen, z.B. um uns mit anderen Hausprojekten auszutauschen, von ihren Erfahrungen zu lernen, produktive Kritik aufzunehmen und uns weiterzuentwickeln. Oder auch, um Interessierten einen Einblick in die architektonische Substanz und die Historie des Hauses zu geben – zuletzt im Rahmen des PARKing Day (18.09.2020, Schellheimer Platz), in dessen Kontext wir auch die beta-Version des ersten butzeHörstücks für einen kurzen Moment zugänglich machten. (Wer uns hier besuchte, konnte sich einhören in unsere Geschichte als butzeKern, unsere Ideen und in unseren Blick auf das Haus.)
Wer im Anschluss an das Hörstück uns begleitete auf einen eigenverantwortlichen Spaziergang durch die leerstehenden Wohnungen der Annastraße, erlebte aus der Nähe sowohl den aktuellen Zustand als auch die Historie des Gebäudes: der Charme der Nachtspeicheröfen in Kombination mit 1970er-Jahre-Lampen und verschiedenen Tapetesedimentschichten, das Taubenskelett auf dem Dachboden und die umfassende private Initative in Holzoptik im zweiten Stock. So spannend die Strukturen auf dieser Hausseite auch sind, um sich einzudenken in vergangene Zeiten oder um Ideen für dystopische Filme zu entwickeln: da wollten wir schnellstmöglich ran, um auch diese Hausseite fit zu machen für den Baubeginn. Getreu nach dem Motto: “alles, was du selbst getan, muss kein teurer Fachmann ran” akquirierte unser Held Falk aus seinem Freundeskreis insgesamt 20 Personen und innerhalb von 2 Wochenenden war die Hausseite entkernt. Unterstützt wurde das Team durch den butzeKern, der für Verpflegung und Erledigungen im Baumarkt sorgte.
Fotos: Julian Mandernach
Als wir davon sprachen, dass die Annastraße von Abfall und Schutt beräumt sowie von der veralteten Technik befreit werden müsse, erschien es uns völlig absurd, dass wir dafür mindestens zwei Bauschuttcontainer benötigen würden (Aussage von Falk). Doch es sollte anders kommen: 40 Kubikmeter und insgesamt vier volle große Bauschuttcontainer wurden es, die die Helfenden Hände unter kundiger Einweisung von Falk aus dem Hausteil schleppten. Da sich die meisten Teile noch im eingebauten Zustand befanden, wurde nicht nur getragen, sondern auch gehebelt, zertrümmert, gerissen und entkernt: alte Öfen wurden entfernt, Wachbecken, Toiletten und Badewannen herausgeholt, Keller beräumt, Müll entsorgt und Schutt sortiert. Jetzt ist alles raus, was von Laien erledigt werden kann – übrig bleiben Öfen, die eine Spezialfirma entsorgen muss sowie Gasrohre, Wasserrohre, die noch in einem weiteren Arbeitseinsatz entfernt werden.
Wichtig ist für die Bauvorbereitung, dass die Annastraße so leer und entkernt ist als nur irgend möglich. Denn dieser Hausteil wird zukünftig die neue Haustechnik beheimaten. Wärmepumpe, Kühltechnik und Grauwasseranlage brauchen einiges an Platz. Die Elektroinstallation zieht in den Keller der Hans-Löscher-Straße, wo dann auch die Technik für die Photovoltaikanlage einzieht.
Es ist ein wichtiger Schritt, dass die Annastraße soweit vorbereitet werden konnte. Sobald das organisatorisch im Lockdown möglich ist, können hier erste Innenausbaumaßnahmen gestartet werden, die eine Vorbereitung auf den Einzug des Unverpacktladens darstellen. Zusammen mit Frau Erna und Herrn Lose wurde in den vergangenen Wochen intensivst über den Grundrissen gebrütet, um zu knobeln, wie alle Ansprüche und Bedürfnisse für eine umfassende Verbesserung der Situation des Ladens herbei geführt werden könnten: wo kommt eine Anlieferzone hin, damit es nicht immer zu Kollisionen zwischen Kund*innen und Lieferant*innen kommt. Wo ist das Lager, welche Teil des Ladens (und seines Produktsortiments) gehören in die Annastraße und was gibt es dabei zu bedenken? Noch so viel zu tun! <3
01. Juni 2020
Dass Corona auch an dem Projekt bunte butze nicht vorbeiziehen würde, ohne Spuren zu hinterlassen, war uns klar. Nicht nur, dass der butzeKern die Anfangsstartphase nicht mit so viel Energie und Elan beginnen konnte, wie wir wollten – alle waren mit der Alltagsorganisation zwischen Berufsausübung und Ausbildung ohne gleichzeitige Kinderbetreuung beschäftigt. Außerdem haben natürlich Mitarbeiter*innen in Behörden mit dem gleichen Problem zu tun und benötigen deshalb für die Durchführung bürokratischer Verfahrenmehr Zeit – und zuletzt kämpfen besonders mittel- und kleinständische Unternehmen derzeit um ihre Existenz, können kaum Prognosen für ihre Arbeitsfähigkeit abgeben und finden selbst nicht die Zeit, so viel Zeit wie üblich in Vorgespräche und Beratung zu stecken.
Zugleich sind wir mehr als dankbar für die Schritte, die verschiedene Gewerke und Behörden auch bereits mit uns gegangen sind.
Den butzeKern beschäftigte dennoch weiter die Frage: wie gehen wir nun damit um? Wir hatten bereits vorher über eventuelle Verzögerungen gesprochen, zum Beispiel weil die Einwerbung von Direktkrediten nicht immer sofort auf die gewünschte Summe hin funktioniert oder weil unvorhersehbare Abläufe uns Zwangspausen abfordern. Daher hatten wir intern besprochen, die bunte butze zur Zwischenvermietung freizugeben. Diese Mietenden könnten dann bis zu einem gewissen Zeitpunkt direkt miterleben, wie der “Phoenix aus der Asche” entsteht – und auch hier sollte unser Ansinnen sich spiegeln, sozialverträglich zu sein.
Da wir mit Sicherheit nicht vor Frühling 2021 mit der Grundsanierung zu starten (Bauanträge müssen gestellt, Bauplanungen und Zeitabschnitte besprochen werden, Grundrissstrukturen müssen festgelegt werden, etc.), bietet sich eine begrenzte, aber zugleich flexible Zwischenvermietung an. Schnell kamen wir auf die Idee, das International Office der Otto von Guericke Universität mit ins Boot zu holen und gleichzeitig eigene Inserate aufzugeben. Unsere Bedingungen: wir stellen in jedem Zimmer Bett, Schreibtisch, Schrank zur Vefügung, richten die Wohnungen soweit bezugsfertig und benutzbar ein, bieten monatsweise Vermietungen an, verzichten auf Kautionen oder große Bürgschaften und geben Flatratemieten (die zugleich die Nebenkosten und einen Internetanschluss bieten).
Während der Arbeitseinsätze haben wir bislang 3 Wohnungen soweit bezugsfertig gemacht – 10 Zimmer stehen nun also bereits zur Verfügung. Die Anzeige bei wg-gesucht.de ist freigegeben und auch erste Verhandlungen mit der Universität haben stattgefunden. Wir freuen uns darauf, dass das Haus sehr wahrscheinlich bereits vor Baubeginn wieder genutzt wird und nicht mit leeren Fenstern (bis auf das Gewerbe im Erdgeschoss) auf den Stadtteil blickt.